Am 15. Juni dieses Jahres möchte die neonazistische Kleinstpartei „Der 3. Weg“ in der Stadt Olpe (Sauerland) einen „Tag der Heimattreue“ veranstalten, ein „Volksfest“ gleicher Art des 1. Mai in Plauen, welches dieses Jahr bundesweit für Entsetzen sorgte. (Tagesschau: https://www.youtube.com/watch?v=ZgqSZ6uFQhk)
Mit Vorbild der Hitlerjugend und einer martialischen Inszenierung mit Fackeln und Trommeln präsentierte sich der 3. Weg in Plauen. Einer der Trommler war Julian Bender, ansässig in Olpe fungiert er als „Gebietsleiter West“ und gehört damit zur Führungsriege der Partei.
Durch Volkstanz und Kinderangeboten geben die Nazis sich als „familienfreundlich“ , „friedlich“ und „gefahrenlos“.
Doch Recherchen von „NSU Watch“ zeigen:
Einzelne Mitglieder und Unterstützer*innen haben Verbindungen in rechtsterroristische Kreise und pflegten Verbindungen zum NSU.
Die Mitglieder von Der III. Weg verstehen sich als nationalrevolutionäre, völkische Elite, die sich von anderen Neonazi-Organisationen abgrenzt.
Dass Der III. Weg als Partei auftritt, dient wohl vor allem dazu, eine verbotsresistente Struktur zu schaffen: Eine Partei ist weit schwerer zu verbieten als etwa eine Freie Kameradschaft. In einem Zehn-Punkte-Programm, welches an das der NSDAP angelehnt ist, fordert Der III. Weg eine völkische, deutsche Nation. (https://brandenburg.nsu-watch.info/dossier-der-iii-weg/)
Neben Rednerbeiträgen der Führungsriege des 3. Wegs wird ein „Handwerkermarkt, Kinderprogramm und Selbstverteidigungskurs“ angeboten, diese Angebote verfolgen einen genauen Plan:
Mit einem Selbstverteidigungskurs nimmt die Neonazi-Partei „Der III. Weg“ gezielt Kinder in den Fokus. Die jungen Teilnehmer können dort im Kreise überzeugter Neonazis verschiedene Taktiken erlernen, um „ein Stück weit Sicherheit und Selbstvertrauen zu vermitteln“.
Begründet wird die Notwendigkeit eines solchen Angebots – neben der üblichen Hetze – insbesondere mit der Tatsache, dass sich in den Reihen des „III. Wegs“ vermehrt Familien mit Kindern und alleinerziehende Eltern engagieren würden. Es gebe „somit enorm viele Kinder“ im Umfeld der Partei, schreibt die Neonazi-Gruppierung nicht ohne Stolz auf ihrer Website.
Kai-Andreas Zimmermann, ein verurteilter Nürnberger Neonazi, der als zentraler Führungskader gilt, gab bereits Januar 2018 bekannt, dass „Der III. Weg“ eine eigene Jugendarbeit ins Leben rufen möchte. Demnach sei der Aufbau einer eigenen Jugendarbeit für ihn „durch unsere Weltanschauung (…) vorgegeben“.
Die Geburt von Kindern und deren Erziehung ist im Weltbild des „III. Wegs“ allerdings klar politisch aufgeladen. Ähnlich wie bei den Nationalsozialisten gilt die Fortpflanzung der Partei als quasi-politischer Akt, der den behaupteten „Volkstod“ stoppen soll. Beim „III. Weg“ hat dies unter der Parole „Deutsche Kinder braucht das Land!“ sogar offiziell Eingang in das 10-Punkte-Programm gefunden, welches sich inhaltlich unverhohlen an das 25-Punkte-Programm der NSDAP anlehnt. Gemäß dieser Ideologie wird die Familie als eine „Keimzelle des Volkes“ angesehen, die durch einen möglichst großen Kinderreichtum die „Zukunft“ eben jenes „Volkes“ sicherstellen soll.
Die gezielte Indoktrination von Kindern und Jugendlichen ist deshalb seit jeher ein maßgebliches, wenn auch wenig beachtetes Ziel der Szene. (https://blog.zeit.de/stoerungsmelder/2018/03/19/braune-erziehung-durch-den-iii-weg_25828)
Nun hat der 3. Weg sein Volksfest am 15. Juni zwar angemeldet, eine Genehmigung des Kreises Olpe ist dabei noch nicht erfolgt. (Stand: 22. Mai 2019)
Zwar ist die Stadt Olpe dazu verpflichtet das Grundrecht der Meinungs- und Versammlungsfreiheit, welches im Grundgesetz verankert ist, zu gewährleisten, jedoch ist fraglich wie ein „Volksfest mit kulturellem Rahmenprogramm“ als politische Versammlung verstanden werden kann.
„Nach herrschender Meinung liegt eine Versammlung im Sinne von Art. 8 GG vor, wenn mindestens 2 Personen zur gemeinschaftlichen, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung zusammen kommen. Volksfeste und Vergnügungsveranstaltungen […] fallen deshalb nicht unter den Versammlungsbegriff.“ (https://polizei.nrw/artikel/oeffentliche-versammlung)
Somit wäre dieses nicht von der vorliegenden Gesetzeslage betroffen. Außerdem lehnt „Der 3. Weg“, welcher sich selbst als „Nationale Sozialisten“ bezeichnet, offensichtlich die Werte des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland ab und ist zutiefst antidemokratisch. So mangelt es an Glaubwürdigkeit wenn diese sich auf eben genannte Freiheiten beziehen.
Eine Genehmigung dieser Veranstaltung [am Kurkölner Platz] würde, und darüber müssen sich die Verantwortlichen beim Kreis Olpe im Klaren sein, dabei schwerwiegende Konsequenzen mit sich ziehen:
Die Neonazis bekommen das Signal in Olpe toleriert zu werden, was dazu führt, dass die Nazis sich in ihrem Handeln sicher fühlen und sich immer weiter im Stadtbild ausbreiten, dabei setzen sie sich im Alltag fest. So geschehen in der Stadt Plauen in Sachsen. Durch Wegschauen des Oberbürgermeisters etablierte sich dort ein Parteibüro, die Nazis bieten Hausaufgabenbetreuung an. „In manchen Stadtteilen klebt an jedem Laternenmast Nazi-Propaganda, eine Lehrerin, die anonym bleiben möchte, berichtet, einzelne Schüler verabschiedeten sich von ihr mit „Heil Hitler“. Im Winter posteten die „Sozialrevolutionäre“ Bilder aus einer Straßenbahn, in der Aktivisten in grünen Partei-Uniformen Ticketkontrollen durchführten und nur Menschen belästigen, die sie für Ausländer hielten.“ (https://www.spiegel.de/panorama/justiz/rechtsextremismus-wie-sich-eine-kleine-nazi-partei-in-plauen-breitmacht-a-1265171.html)
Während der Veranstaltung des 3. Wegs wird die Olper Innenstadt praktisch zu einer „No-Go-Area“ für politisch Andersdenkende und Menschen, welche nicht in das völkisch-deutsche Weltbild des 3. Wegs passen, da Übergriffe auf diese Personengruppen nicht auszuschließen, wenn nicht sogar wahrscheinlich garantiert sind. Gegendemonstrant- sowie Journalist*Innen wurden während einer 1. Mai Demo des 3. Wegs in Plauen 2016 verprügelt – „nur Wasserwerfer der Polizei konnten (noch) schlimmeres verhindern.“ (Vgl. Spiegel-Artikel)
Mit einem erhöhten aufkommen von Straftaten ist an diesem Tag ebenfalls zu rechnen. Dazu gehören die üblichen Straftaten wie Volksverhetzung, das Zeigen und Verwenden von verfassungsfeindlichen Kennzeichen und Symbolen, Verstöße gegen das Waffengesetz, Verstöße gegen das Versammlungsgesetz (Vermummung, Uniformierung) etc.
Wir erinnern hierbei die Stadt Olpe, dass sie sich für Integration & Flüchtlingshilfe engagiert und sogar den „Olper Preis für interkulturelles Engagement“ verteilt und betont, dass Integration bedeutet, dass sich verschiedene Personen und Gruppen sich in die Gesellschaft einbeziehen und gleichberechtigt zusammenleben. Ein Umstand, welcher in gegebenen Falle nicht umsetzbar ist und bestenfalls als „heuchlerisch“ beschrieben werden könnte. (https://www.olpe.de/Bildung-Soziales/Soziales/Integration-Fl%C3%BCchtlingshilfe)
So ist im Falle einer Genehmigung auch damit zu rechnen, dass es seitens der Zivilgesellschaft wie auch aus dem linksradikal Lager, zu einer umfangreichen, überregionalen Mobilisierung eines Gegenprotests kommt.
Zeitgleich findet in Olpe auch die Landesmeisterschaft der Feuerwehren statt, was mit einem höheren Touristenaufkommen verbunden ist. Was zusammen mit der Schaffung von „No-Go-Areas“ die Frage aufwirft, ob es bei gegebener, unvorhersehbaren Gefährdungslage der Polizei überhaupt zumutbar ist einen friedlichen, sicheren und geregelten Ablauf aller Veranstaltungen zu gewährleisten. „Die Versammlung kann auch verboten oder aufgelöst werden, wenn nach den erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei der Durchführung der Versammlung unmittelbar gefährdet ist.“ (https://polizei.nrw/artikel/oeffentliche-versammlung)
Festzuhalten ist, dass diese Ereignisse die Wahrnehmung der Stadt Olpe als familienfreundliche, idyllische Stadt im Sauerland wahrscheinlich nachhaltig negativ beeinflussen werden. Für Bürger sowie Touristen.
Eine relativ einfache Lösung wäre hierbei jedoch gegeben:
Das Kreuzbergstadion in Olpe bietet genug Platz für die Durchführung des Volksfestes des 3. Wegs und wird von der Kreisstadt Olpe selbst unterhalten. Ein störungsfreier Ablauf der Veranstaltung, sowie ein Gegenprotest in Hörweite kann hierbei gewährleistet werden. Durch das gegebene Umfeld der Sportanlage kann so Übergriffen aller Seiten vorgebeugt und eine Gefährdungslage umgangen werden, was ebenfalls im Interesse der Polizei liegen dürfte.
Platz für eine sportliche Betätigung (Nazis jagen, Steinweitwurf..) ist ebenso gegeben.
Da am 15. Juni die Landesmeisterschaften der Feuerwehren im Kreuzbergstadion stattfinden kann die Genehmigung der Veranstaltung von „Der 3. Weg“ auf einen anderen Tag [im Kreuzbergstadion] verlegt werden. Die oben dargelegten Umstände (Volksfest fällt nicht unter Versammlungen, Verbot aufgrund von unmittelbarer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung) ermöglichen es der Kreispolizeibehörde Olpe hierbei die nötigen Maßnahmen zu treffen.
Ein Kompromiss wäre außerdem die Genehmigung der Veranstaltung auf einem Gelände außerhalb des Innenstadtgebiets. Die Park/Wiesenanlage an der Straße „Rhoder Weg“ wäre eine mögliche Alternative.
Eine Genehmigung ohne jegliche Einschränkung ist nicht hinnehmbar und zeugt von einem fehlenden politischen Willen der Stadt sich klar gegen neonazistische Strömungen in unserer bunten, offenen, demokratischen Gesellschaft zu positionieren.
-Anna & Arthur Iskaina, Anarchistische Jugend Siegen